Radiosendung: „Heute im Gespräch“:
 
Sondersendung zum Thema : „Terroranschlag 11.September“
 


 
Moderation: Christiane Teschl & Dr. Franz Eiselt
 
Einleitung:
Der „11. September“ hat nicht nur New York, sondern die Welt und die Menschen, welche die Anschläge erlebten, verändert. Der ORF steht den ganzen Tag im Zeichen der Erinnerung und auch unsere Sendung wird aus diesem Anlaß um eine Stunde verlängert.
   
  Bei uns begrüßen wir unsere Studiogäste,
   
 
Fr. Nadja D.,
sie und ihre Kinder haben die Anschläge in New York direkt miterlebt,
   
 
Helmut Windisch, Psychotherapeut, Existenzanalytiker und Logotherapeut,
in freier Praxis in Wien tätig. Er beschäftigt sich mit der Frage, wie derartige Katastrophen entstehen und verarbeitet werden können und
   
  Hrn. Ds. J. T., Militärkommandant.
   
 
Von Ihnen, unseren Hörern, wollen wir gerne wissen: Hat sich für Sie nach den Anschlägen in ihrem Leben etwas verändert und fürchten Sie sich vor weiteren Anschlägen?
Rufen Sie uns an oder schicken Sie uns ein Email.
   
 
Moderatorin: Fr. D., Sie sind nach 15 Jahren Amerikaaufenthalt mit Ihren beiden kleinen Töchtern nach Österreich zurückgekehrt. Weshalb sind Sie zurückgekommen und was haben Sie im Vorjahr am 11. September genau erlebt?
   
 
Fr. D.: Als ich an diesem Tag meine Kinder mit dem Auto in die Schule brachte, sagte meine Tochter, daß da ein Flugzeug sehr niedrig fliegt. Ich meinte, ja das fliegt schon niedrig, worauf meine Kleine sagte, daß dieses in den Turm stürzen wird. Ich antwortete darauf mit: nein, das wird sicher nicht passieren. Wenige Sekunden später ist dann vor unseren Augen das Flugzeug in den einen Turm des World-Trade-Centers gerast. Als wir dann knapp vor der Schule waren sahen wir, wie das 2. Flugzeug in den anderen Turm flog. Anschließend – die Kinder waren da schon in der Schule - mußte ich dann mit ansehen, wie beide Gebäude zusammenstürzten.
In Folge habe ich dann meinen Beruf verloren.... Als Buchhändlerin habe ich 15 Verlage vertreten und betreute den Buchbedarf von Schulen..... -Entschuldigung
   
  Moderatorin: Es ist nun ein Jahr her, trotzdem kommen Ihnen heute noch die Tränen. Wie geht es Ihren Kindern? Sie sind ja noch ganz klein, 6 Jahre und 8 Jahre alt.
   
 
Fr. D.: Die Kinder waren in psychologischer Behandlung, an Ihren Schulen, die Psychologen beschäftigen. Ich persönlich habe bisher mit Ihnen eigentlich nicht darüber gesprochen. Nur heute habe ich meine Tochter nach dem Datum gefragt und sie wußte spontan, daß heute der 11. September ist.
   
 
Moderatorin: Sie weiß also, was das bedeutet.
   
 
Fr. D.: Ja, sie weiß genau, was vor einem Jahr geschehen ist.
   
 
Moderatorin: Glauben Sie, werden Ihre Kinder weiterhin ärztliche oder psychologische Betreuung oder Beratung brauchen, oder werden Sie es in Zukunft alleine bewältigen?
   
 
Fr. D.: Ich meine, durch Gespräche werde ich es schon schaffen
   
 
Moderatorin: Wie ging es Ihnen seit diesem Erlebnis? Denken Sie täglich daran oder kommen Ihnen die Bilder deshalb wieder hoch, weil jetzt der Jahrestag ist?
   
 
Fr. D.: Nun, ich bin erst seit 2 Wochen wieder in Österreich, aber in New York habe ich täglich daran gedacht.
   
 
Moderator: Hr. Windisch, wir haben gehört was Fr. D. miterleben mußte und konnten sehen, wie nahe ihr das heute noch geht und daß ihre Kinder psychologischer Behandlung bedurften. Wird die Familie dieses Trauma je überwinden können?
   
 
Windisch: Ein Trauma definiert sich durch eine emotionale Überforderung. Als solches ist dieses Geschehen vorerst als eine Lebenserfahrung zu werten und ist in diesem Sinne daher nicht überwindbar. Das meint, das dieses Erlebnis – in der Fachsprache gesprochen- nur zu integrieren verbleibt. Das Trauma selbst eröffnet, daß in das Leben eine Überforderung eingedrungen ist. Eine Annäherung aus dieser Perspektive bietet die Möglichkeit, daß sich das Erlebte für den traumatisierten Menschen nicht unbedingt zu dessen Ungunsten auswirken und die Folgen nicht zwingend nur als negativ betrachtet werden müssen.
   
  Moderator: Was heißt „integrieren“?
   
 
Windisch: Bei einer derartigen Situation erlebt der Mensch ein völliges Ausgeliefertsein und Ohnmacht, er erlebt eine Welt jenseits seiner bisherigen Vorstellung und seines Wollens, der er einerseits nicht zustimmen, aber anderseits sich auch nicht mehr entziehen kann. Jede Erinnerung ruft dann auch jene Emotionalität hervor, die das Geschehen begleitet hat.
   
 
Moderator: Wird die Intensität dieser Emotionalität nachlassen?
   
 
Windisch: Unter bestimmter Voraussetzung besteht durchaus die Möglichkeit. Wenn das Geschehen innerhalb der Familie thematisiert werden kann, „eingebettet“ wird. Dazu gehören auch der Mut sich Freunden zuzumuten bis hin zu einer Anerkennung von Traumatisierungen durch die Kultur.
   
 
Moderator: Was würden Sie Fr. D. für den Umgang mit ihren Kindern empfehlen?
   
 
Windisch: Ich persönlich – falls mich diese Schicksalhaftigkeit ereilt, würde mit Sicherheit Gespräche darüber nicht meiden, versuchen, nachträglich die Situation so anzunehmen, wie sie gewesen ist. Das bedeutet auch, der wiederkehrenden Emotionalität, der Angst, dem Schrecken, der Verzweiflung und der Traurigkeit, Geltung einzuräumen und sie aufzugreifen, auch wenn dieses mit körperlichen Symptomen einhergehen sollte.
   
 
Moderatorin: Fr. D. sie haben uns berichtet, daß ihre Kinder das Erlebnis noch lange in Zeichnungen verarbeitet haben.
   
 
Fr. D.: Meine Tochter hat bereits nach zwanzig Minuten, nachdem sie das zweite Flugzeug in das Gebäude fliegen gesehen hat, begonnen zu zeichnen. Genau ihre Beobachtung. Zu Weihnachten mußte ich dann nach Arizona fliegen – das war für mich dringend erforderlich - und beide haben sich plötzlich geweigert in das Flugzeug zu steigen.
   
  Moderatorin: Wollen ihre Kinder darüber sprechen?
   
  Fr. D. : Nein, von sich aus kommt von ihnen nichts.
   
 
Moderator: Hr. Windisch, sie meinen, es wäre für die Kinder besser, wenn die Mutter mit Ihnen darüber spricht.
   
 
Windisch: Es scheint, als ob sich bereits auf mehreren Ebenen Folgen dieses Ereignisses abzeichnen. Von den Vereinigten Staaten und insbesondere von New York wurde heute berichtet, daß sich dort zunehmend ein kulturelles Mißtrauen entwickelt hat. Das von Fr. D. erzählte Erlebnis am Flughafen verdeutlicht, daß ihre Kinder bereits eine Angst entwickelt haben, die sich dann zeigte, als sie in ein Verkehrsflugzeug einsteigen sollten.
   
 
Fr. D.: Ja, beide haben wirklich Angst gehabt.
Windisch: In solch einer Situation kann spontan wieder spürbar werden, was vielleicht in Worten noch nie ausgedrückt wurde, aber gefühlsmäßig entstanden war.
   
 
Moderator: Sie haben sich mit den Ereignissen des 11. September eingehend befaßt und meinen – im Umgang mit den Ereignissen- daß einiges falsch gemacht wurde.
   
 
Windisch: Das Problem hat verschiedene Dimensionen, wobei sicher nach dem Terroranschlag vieles besser gemacht werden hätte können, wie z.B. die Art der medialen Berichterstattung. Betreffend der individuellen Situation möchte ich aber keinen Pessimismus verbreiten: Es gibt auch individuelle Formen einer Annäherung, weshalb ich auch nicht davon ausgehe, daß jeder Betroffene unbedingt professionelle Hilfe braucht. Eine akute Hilfe, wie eine Unterstützung bei sog. posttraumatischen Episoden könnte auch vom Nächsten kommen, durch ein Beisein, welches aus einer Mitmenschlichkeit erwächst und getragen wird.
   
 
Moderatorin: Hr. Klaus W. ist als Kapitän für Langstreckenflüge bei einer österreichischen Fluglinie beschäftigt. Er war ebenfalls in N.Y. und ein Augenzeuge der Terroranschläge. Eine Woche später mußte er mit einer Passagiermaschine von New York nach Wien zurückfliegen. Vor der Sendung habe ich ihn nach seinen Eindrücken gefragt:
(Einspielung des Interviews)
   
 
Hr. W.: Ich war rd. 300 m vom World-Trade-Center entfernt, wie das erste Flugzeug in den Nordturm eingeschlagen hat. Kurz darauf habe ich die U-Bahn verlassen und habe die Auswirkungen des Anschlages unmittelbar gesehen.
 
 
Moderatorin: Was denkt man sich in so einem Moment, wenn man aus der U-Bahn aussteigt und sieht, da liegen Trümmer?- Sie haben auch von Verletzten erzählt.
 
 
Hr. W.: Man ist fassungslos, man denkt sich, das kann nicht sein. Es ist nicht wahr, das gibt es nicht. – Leider war es die Wahrheit und in weiterer Folge habe ich mir natürlich gedacht, wo ist meine Besatzung und was bedeutet das jetzt für uns.
 
 
Moderatorin: Wie war es möglich zu kommunizieren, die Handyleitungen sind ja bald zusammengebrochen, wie konnten Sie Ihre Mannschaft wiederfinden? Wie ging es weiter?
 
 
Hr. W.: Gefunden haben wir uns dann gegen Mittag. Kommunikation war keine möglich, auch die öffentlichen Fernsprecher waren alle belagert und ein Taxi nicht zu kriegen. Ich habe dann auf herkömmliche Weise es auf „Schusters Rappen“ gemacht und bin zu Fuß zum Hotel marschiert und habe – Gott sei Dank - die übrige Besatzung vorgefunden. Ich war ohnehin der letzte, der im Hotel eingetroffen ist und man hat sich schon Sorgen um mich gemacht, wie ich dann gehört habe.
 
 
Moderatorin: Sie sind ja dann, wenige Tage danach, wieder ins Flugzeug gestiegen und haben Passagiere und die Crew nach Wien zurück geflogen. Sind sie da mit besonderen Gefühlen eingestiegen oder war das ein routinemäßiger Flug nach Hause?
 
 
Hr. W.: Zu diesem Zeitpunkt hatten wir, zumindest auf mich bezogen, keine Angst um Leib und Leben, weil ich nicht glaube, daß so was ähnliches in dieser Art wieder passiert.
Allerdings hat es die Fliegerei schon verändert, weil vorher niemand daran gedacht hätte, daß man ein Flugzeug als Waffe benützen kann.
 
 
Moderatorin: Soweit Kapitän Hr. W. . Wer hätte das gedacht? Ein Flugzeug als Waffe.
Kapitän W. meinte, er glaubt nicht, daß so etwas wieder passieren kann. Hr. T., Sie als Militärkommandant, wie schätzen Sie dies ein?
 
 
Hr. T.: Wir beschäftigen uns seit Jahren mit verschiedenen Szenarien, die als Grundlagen für Fallstudien dienen. Bisher haben wir ein derartiges Szenario nicht in Erwägung gezogen, da ein solches als abstrus gegolten hätte. Aber seit dem Vorjahr halten wir alles für möglich, man will es ausschließen, man verdrängt es, aber ich glaube, daß es weder absolut zu verhindern noch auszuschließen ist, daß Ähnliches sich doch noch einmal ereignen kann.
 
 
Moderatorin: Kann man sich auf eine derartige Situation vorbereiten, kann man dies üben?
 
 
Hr. T.: Es hat in der Zwischenzeit schon ein Umdenken eingesetzt. Z.B. wurden in der Ausbildung Übungen zur Terrorbekämpfung eingeführt, es kam zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Kräften des Innenministeriums und dem Militär, es hat auch seinen Niederschlag gefunden in der von der Regierung beschlossenen Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin und in weiteren Maßnahmen. Aber: Zu verhindern ist so etwas nicht.
 
 
Moderator: D. h. wenn man es nicht verhindern kann, dann kann man auch nichts dagegen machen. Was kann das Bundesheer hier tun?
 
 
Hr. T.: Das ist eine gute Frage. Natürlich kann man etwas tun, mehr dem Agieren als dem Reagieren dem Vorzug zu geben. Also es ist in Zukunft mehr daran zu denken, wo der Terror eigentlich beginnt. Beginnt dieser vor der Grenze? Beginnt er weit von Österreich entfernt? Und ich glaube, hier ist eine intensive Zusammenarbeit unter den Nachrichtendiensten gefordert. Diese haben bereits unter der konventionellen Bedrohung erfolgreich zusammengearbeitet. Es ist also angebracht, diese zur Ergründung der Ausgangslage, der Basis jedes Terrors beizuziehen. Weiters, daß wir unsere Übungen in diese Richtung forcieren. Wir haben damit soeben begonnen, stehen aber erst am Anfang.
 
 
Moderatorin: Die Hörerinnen und Hörer können uns gerne anrufen. Wir sind gespannt auf Ihre Meinungen
Moderator: Wie ist Ihnen dieser Tag in Erinnerung geblieben? Hat sich in Ihrem Leben beruflich oder privat deshalb etwas verändert und wie sind Sie selbst mir katastrophalen Erfahrungen fertig geworden?
 
 
Anrufer, Hr. Klaus: Ich möchte Ihnen nur sagen, wir haben selbst unseren Sohn in New York. Es war für mich so erhebend, als ich seine Stimme hörte. Ich spüre jetzt wieder, wie es mich packt, was da eigentlich passiert ist. Nur, zu sagen: Wir machen etwas, wir suchen das große Miteinander, den Dialog, ich glaube, das ist zu wenig. Man muß sofort beginnen bei den Wurzeln zu suchen, weshalb das ganze zustandegekommen ist.
Ich habe die Fotos hier liegen, die mir unser Sohn von N.Y. geschickt hat. Ich sehe sie mir immer wieder an und es berührt mich sehr und hoffe, es passiert heute nichts!
 
 
Moderatorin: Wir haben gehört Hr. Windisch, Hr. Klaus hat die Anschläge nicht direkt erlebt und sein Sohn diese überlebt. Aber wenn sich Hr. Klaus die Fotos ansieht, dann „packt“ es ihn immer noch. Heißt das, daß eine Traumatisierung über tausende von Kilometern hinweg möglich ist?
 
 
Windisch: Ja, in dem Sinne, als daß ein Trauma vom Erleben her zu verstehen und nicht von Entfernungen abhängig ist. Hr. Klaus hat von der Ungewißheit berichtet, als sein Sohn ein potentielles Opfer hätte sein können, er die Möglichkeit des Todes eines Menschen zu spüren bekam, dessen Existenz eine große Bedeutung für das Leben von Hrn. Klaus einnimmt. Der zweite Aspekt, den Hr. Klaus erwähnte, enthält auch meiner Ansicht nach eine präventive Bedeutung, wonach wirklich eine Notwendigkeit besteht, auf mehreren Ebenen zu handeln.
 
 
Moderator: Zum Beispiel?
 
 
Windisch: Zwar möchte ich der noch ausstehenden Diskussion nicht vorgreifen, aber: Was ist die Botschaft dieses Anschlags? Der Anschlag gründet ja auf keinem „Terrorkrieg“, wie er im nachhinein genannt wurde, sondern auf dem Vorsatz einer Destruktion. Solch eine Intention operiert mit der Unvorstellbarkeit. Der Terror lebt u.a. von Bildern, also auch von jenen Strukturen, die der Westen geschaffen hat. Dieses Geschehen hat in gewisser Weise uns alle traumatisiert, daran erkennbar, daß die meisten Menschen heute genau wissen, was sie an diesem Tag gerade getan haben oder wo sie sich aufgehalten haben, als sie über den Anschlag erfahren haben. Denn ganz plötzlich wurde uns mit unumgehbarer Deutlichkeit vor Augen geführt, daß ein kleiner Teil der Menschheit durchaus keine Bedenken kennt, den Wert des Lebens in Frage zu stellen und die zu ihrer Gruppe gehörenden Menschen zu opfern um eine Nachricht zu verbreiten, jene, daß es eine Grenze gibt. Trotzdem ist es erforderlich danach zu trachten, daß hier ein Dialog auf dieser Ebene noch eröffnet werden kann.
Mir liegt es fern in den Verdacht zu geraten, ein Kritiker von Amerika zu sein oder die Entwicklung des islamischen Fundamentalismus zu ignorieren. Aber als Existenzanalytiker kann ich nur davon ausgehen, daß eine Situation nur so zu ergreifen ist, wie wir sie derzeit vorfinden.
 
 
Moderator: Sie meinen der Dialog ist erforderlich. Was verstehen Sie unter Hilfe, meinen Sie damit eine Wirtschaftshilfe für die Dritte Welt?
 
 
Windisch: Ich glaube nicht, daß sich dieses Thema mit einer einfachen oder raschen Antwort klären und lösen lassen kann. Es wird sowohl gegenwärtig militärische Maßnahmen erfordern, auch jene die uns selbst schützen, wie auch – auf einer anderen Ebene - jene, die geeignet sind, unsere gesellschaftlichen und kulturellen Werte zu sichern. Dies ist aber nur ein kleiner Teil, der Beginn vorzunehmender notwendiger Handlungen. Schließlich geht es darum, daß auf allen Ebenen, auf politischer, sozialer, gesellschaftlicher und auch wissenschaftlicher Ebene die derzeitige Entwicklung integriert werden kann. Eine derartige Vorgehensweise des Herantretens an den Terror würde der Idee der Globalisierung entsprechen.
 
 
Moderatorin: Ich möchte nun auch wieder zurückkommen auf die persönliche Ebene. Fr. D., Sie mußten weiterhin täglich jene Stelle passieren, von wo sie aus die Anschläge gesehen haben. Das ist Ihnen zunehmend zu viel geworden und Sie sind auch Ihren Kindern zuliebe nach Österreich zurückgekehrt. Glauben Sie, Sie werden hier leichter vergessen können, leichter ein neues Leben anfangen können?
 
 
Fr. D.: Ja, wahrscheinlich, ich werde es zumindest versuchen.
 
 
Moderatorin: Warum? Weil die Erinnerung dort so stark war und Sie glauben, hier haben Sie die Bilder nicht so stark vor sich?
 
 
Fr. D. : Kann sein, ja.
 
 
Moderatorin: Haben Sie den Kindern erklärt, warum Sie zurückgekommen sind? Was haben die gesagt, wie es geheißen hat, wir ziehen jetzt nach Österreich?
 
 
Fr. D.: Ich habe meine Kinder gefragt, ob Sie übersiedeln wollen, ich habe mit beiden und als Familie darüber gesprochen. Wir haben gesagt, wir gehen weg, vielleicht für ein paar Jahre und ich habe betont, daß, wenn es Ihnen nicht gefallen sollte, wir wieder zurückkommen können.
 
 
Anruferin: Ich möchte nur eines sagen: Ich bin jetzt 80 Jahre alt, habe den Krieg und die Bombardierung miterlebt. Meine ganze Verwandtschaft ist in Dresden bei der Bombardierungen ausgerottet worden. Wenn ich heute einen Schuß oder einen Knall höre, wird mir eiskalt. Die Amerikaner haben immer gedacht: Uns kann so etwas nicht passieren, wir kämpfen woanders, aber in unserem Land passiert so etwas nicht. Und wieder ist die Bereitschaft da, Bomben auf unschuldige Menschen zu werfen. Bomben sind auch Terror.
 
 
Moderator: Danke für Ihren Anruf. Das war die Meinung einer 80-jährigen Dame.
Hr. Windisch, Sie haben vorhin gemeint, daß die Wirkung von Bildern nicht zu unterschätzen ist. Werden auch alte Wunden, durch die Bilder des Terroranschlags vom 11. September wieder aufgerissen?
 
 
Windisch: Aus meinem Verständnis und Empfinden durchaus. Auch ich selbst bin durch den heutigen Tag sehr bewegt und es wurde heute auch schon berichtet, daß an diesem Jahrestag viele sagen, daß ihre Emotionalität stärker ist, als letztes Jahr. Was die Anruferin zum Ausdruck brachte, entspricht durchaus einer Realität. Wir alle sind die erste Generation einer durch den 2. Weltkrieg traumatisierten Gesellschaft. D. h. wir alle haben die psychischen Folgen, wie z.B. die nach dem Krieg getätigten Verleugnungen, noch zu spüren bekommen.
 
 
Moderator: Unsere Anruferin hat auch gemeint, Bomben sind Terror. Wie sieht ein Militärkommandant diese Aussage?
 
 
Hr. T.: Bomben sind Terror, wenn Sie vorsätzlich auf Zivilisten abgeworfen werden. Nur verhält es sich so, daß Al-Kaida und Osama Bin Laden veröffentlichte, nicht auf militärische, sondern auf zivile Einrichtungen seinen Terror zu richten. Genau dies ist geschehen. Wenn wir jetzt bedenken, wie dies medial dargestellt wurde: Terror braucht den Applaus seiner Sympathisanten. Dazu gehört, daß die Berichterstattung diesen optimierte, wobei natürlich nicht die Frage beantwortet ist, was wäre gewesen, wenn keine Berichte übertragen worden wären.
 
 
Moderator: Na ja, auch der Hr. Laden tritt ja in Videos auf, die gesendet werden.
 
 
Hr. T.: Ja, diese Videos werden gesendet, weltweit -und wie oft diese gesendet werden. Das wirft die Frage auf, ob das nicht indirekt einer Verherrlichung des Terrorismus förderlich ist, wenn international derartige Botschaften sorglos medial verbreitet werden.
 
 
Moderator: Wenn wir diese Bilder nicht senden, so kommt dies einer Zensur gleich.
 
 
Hr. T.: Zensur ist hier der falsche Ausdruck. Es wäre aber wichtig, diese Bilder nach dem richtigen Gewicht zu behandeln.
 
 
Moderatorin: Was die Anruferin aber vorhin auch gemeint hat ist auch, daß die Vereinigten Staaten nun auch bereit sind, mit Bombardements zu antworten. Sie meint, aber auch das ist eine Form von Terror. Was kann man denn dazu sagen?
 
 
Hr. T.: Also, wenn die Bomben Unschuldige, die Zivilbevölkerung, treffen und nicht militärische Einrichtungen, dann ist das einem Terror gleichzusetzen.
Man kann allerdings den Begriff Terror nie einfach abgrenzen. Zwar können wir heute den Begriff definieren, sprechen in der Zwischenzeit vom sog. „Super-Terror“ und vom „Cyber-Terror“......
 
 
Moderator: Das bedarf jetzt einer Erklärung. Was ist mit diesen Begriffen gemeint?
 
 
Hr. T.: Letzteres meint jene Ansätze von Aktivitäten, die dazu dienen unbefugt in die weltweiten Computernetze und -systeme eingreifen zu können. Dies ist der breiten Öffentlichkeit durch jene Filme, in deren Handlungen sog. Computer-Hacker eine Rolle spielen, sicher bekannt.
In der Zwischenzeit liegt jedoch dokumentiert vor, wonach bereits ernsthafte Versuche stattgefunden haben, in das EDV- und Steuerungsnetz von Atomkraftwerken einzudringen. Bisher sind diese Versuche zwar erfolglos geblieben, aber deshalb müssen wir uns mit dieser Realität, diesen Formen von möglichem Terror, befassen und Lösungen suchen
 
 
Moderatorin: Fr. D., welche Stimmung herrscht bei den Menschen in den USA, ein Jahr nach den Anschlägen? Läßt sich diese als nachdenklich, aggressiv oder eher traurig bezeichnen? Wie ist die Grundstimmung in Ihrem Bekanntenkreis?
 
 
Fr. D.: In meinem Bekanntenkreis sind die meisten Menschen traurig und nachdenklich. Und politisch, - wir denken stark politisch - haben wir unsere eigene Einstellung. Wir denken, daß der Präsident doch irgend etwas von drohenden Anschlägen gewußt hat.
 
 
Moderatorin: Hr. Windisch, Sie möchten auch etwas sagen.
 
 
Windisch: Ich möchte gerne nochmals auf die Aussagen des Militärkommandanten Hr. T. zurückkommen, betreffend der offen gebliebenen Frage der Abgrenzung und Definition von Terror. Wenn sich der Sachzwang ergibt, ein Bombardement aus Gründen der Verteidigung zu beginnen, so berühren wir unübergehbar das Problem der Ethik. Aus dieser Sicht ist nicht das eigentliche Problem der Einsatz von Kriegsmitteln - das erscheint mir auch sekundär- sondern die Frage, ob jemand der diese zum Einsatz bringt, dies bedauert und selbst darunter leidet.
 
 
Moderator: Nun, der eine Bombe abwirft, leidet nicht darunter.
 
 
Windisch: Aber wenn wir jetzt auf die Anschläge antworten im Sinne der geplanten Strategie, zwecks Grenzsicherung, gewaltsamer Beendigung des afghanischen Regimes, Auflösung der Taliban, usw. bleibt wohl dennoch die Frage bestehen, ob wir darunter leiden, daß wir uns zu einem kriegerischen Handeln gezwungen sehen.
 
 
Anruferin Fr. Rosa: Mein Mann und ich feiern heute unseren 48. Hochzeitstag. In diesen Jahren haben auch wir beide sehr viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Ich weiß, daß es hart klingt, aber die Welt dreht sich immer weiter. Was ich damit sagen will ist, daß –egal was passiert – nur ein Mensch jeweils für sich selbst anfangen kann, die Welt zu verbessern und dabei auch den Versuch zu unternehmen auch andere dahingehend zu beeinflussen. Nur so kann sich in der Welt etwas zum Positiven ändern.
 
 
Moderatorin: Danke vielmals für Ihren Anruf und natürlich Gratulation zum beeindruckenden Hochzeitstag. Hr. Windisch, ist dies ein bißchen zu optimistisch oder gar als „naiv“ anzusehen, wenn jeder bei sich selbst beginnt, um die Welt zu verbessern?
 
 
Windisch: Von einem geisteswissenschaftlichen Hintergrund und aus persönlicher Erfahrung läßt sich sicher die Feststellung treffen, daß ein Individuum immer im Konflikt mit der Welt steht. Philosophisch ausgedrückt heißt das, daß die Welt die eigene Lebendigkeit in Frage stellt und nicht in der Lage ist, das eigentliche Wollen des Einzelnen zu tragen. Aus dieser Sicht erhält sämtliches Bemühen einen Wert, weshalb ich der Meinung von Fr. Rosa zustimmen kann.
 
 
Fr. Veronika: Ich möchte etwas Positives einbringen: Gäste aus Deutschland haben für ihre Freunde aus den USA bei uns Zimmer reserviert. Nach dem Unglück des 11. September mußte die Anreise abgesagt werden. Nun, ein Jahr danach wird jetzt dieser Besuch stattfinden. Das Positive daran ist, daß die Gäste wieder den Mut gefunden haben zu fliegen und auch ich werde mich bemühen, ihnen ihren Aufenthalt so angenehm als möglich zu gestalten und dadurch beitragen, daß sie die Schrecklichkeit vergessen können.
 
 
Moderatorin: Wir danken für ihren Anruf.
 
 
Moderator: Auf Grund der erweiterten Sendezeit von „Heute im Gespräch“ bietet sich in der kommenden Stunde die Gelegenheit, uns ihre Meinung mitzuteilen oder mit unseren Studiogästen ins Gespräch zu kommen.
Wir verabschieden und bedanken uns bei Fr. D. für ihr heutiges Kommen und ihre Bereitschaft, über ihre Erlebnisse zu sprechen.
 
 
Moderatorin: Seit einem Jahr kämpft die westliche Welt und vor allem die USA gegen den Terror. Der amerikanische Präsident setzt vor allem auf Härte und will auch gegen den Irak Krieg führen. Wie schätzen Sie, Hr. Kommandant, die Kriegspläne gegen den Irak ein?
 
 
Hr. T.: Was die Pläne beinhalten und wie weit diese fortgeschritten sind, wissen ausschließlich die involvierten Regierungen. Für die ganze Welt wäre es aber wohl besser, wenn dieser Krieg nicht stattfinden würde.
 
 
Moderatorin: Meinen Sie, ist ein Ausbruch des Krieges noch zu verhindern oder, aus ihrer militärischen Einschätzung heraus, ist der Konflikt bereits so weit fortgeschritten, daß ein militärischer Schlag folgen muß?
 
 
Hr. T.: Dies ist schwer einzuschätzen: Einerseits hat der US-Präsident die Unterstützung von England, anderseits existiert keine einheitliche Zustimmung durch Europa. Es ist abzuwarten, ob die britische Kooperation ausreichen wird, um eine breite moralische Unterstützung für eine Kriegsoffensive zu erlangen.
 
 
Moderator: Heute vormittag war es mir möglich mit Hrn. Roger Hicok, Univ.-Prof. für Zeitgeschichte in Ramallah zu sprechen. Er hält es für kurzsichtig, mit Hilfe eines Krieges Sicherheit erreichen zu wollen.
 
 
(Einspielung des Interviews)
Die Vereinigten Staaten haben bisher sehr wenig getan, um in der Zukunft ihr Leben zu sichern. Der geplante Krieg gegen Saddam Hussein im Irak wird ihnen 10 Jahre an Unsicherheit bringen. Die Angriffe auf New York und Washington könnten noch übertroffen werden, Schlimmeres könnte geschehen, wenn der geplante Krieg weitergeht. Das hat schon der Generalsekretär der Arabischen Liga gesagt. Auch wurde eine Aufnahme gefunden, wo eine modulierte Stimme ankündigt: Ein Angriff auf den Irak, so wie es geplant wird, wird die Tore zur Hölle öffnen. Und ich glaube, es ist sehr kurzsichtig von den Vereinigten Staaten, wenn sie sich durch Krieg eine größere Sicherheit erreichen wollen.
 
 
Moderator: Hr. T. was halten Sie von seiner Einschätzung?
 
 
Hr. T.: Einer erneuter Krieg gegen den Irak ist sicher keine Garantie, daß die Welt in Zukunft zu mehr Frieden gelangt. Wenn man den Krieg als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln definiert, so muß man zugeben, daß die Politik versagt hat. Niemand wird heute die Behauptung aufstellen können, daß es heute nicht ausreichende politische Mittel gibt, um Konflikte zu lösen. Allerdings muß ich sagen, daß Saddam Hussein beibehält, die Vereinigten Staaten zu provozieren - anstelle eine Inspektion auf dem irakischen Hoheitsgebiet zuzulassen - und er Aufklärungsflugzeuge der Alliierten vom irakischen Militär attackieren läßt.
 
 
Moderator: Wie es aussieht, befindet sich die USA in Kriegsvorbereitungen gegen den Irak. Wir haben in der bisherigen Diskussion schon verschiedene Meinungen gehört, darunter jene des Prof. aus Ramallah. Hr. Windisch, wie sehen Sie das als Psychotherapeut?
 
 
Windisch: Nach meinem Verständnis verhält es sich so, daß in der gegenwärtigen Lage sich die Legitimation für einen Krieg ausschließlich nur daher ableiten kann, daß der Einsatz von Senfgas gegen die im Norden lebende kurdische Bevölkerung durch irakische Militärs dem derzeit bestehenden Konflikt vorausging. Demgemäß kann die Rechtmäßigkeit einer Kriegsführung nicht durch die USA postuliert, sondern nur durch die UNO legitimiert werden. Bei einer Resolution durch die UNO wäre darüber hinaus auch, aus Gründen der Glaubwürdigkeit, eine Zielsetzung des Krieges genau zu definieren.
Es ist ethisch wie völkerrechtlich kaum einzuordnen, wenn die einzig verbliebene Supermacht, die über das größte Atomwaffen- u. Massenvernichtungsarsenal verfügt, eine andere Nation nur wegen des Verdachts der Herstellung von Massenvernichtungswaffen ungehindert angreift. Innenpolitisch kommt hier auch noch zu tragen, daß im Irak selbst keine konstitutierte Opposition vorhanden ist und die drei Bevölkerungsgruppen Sunniten, Schiiten und Kurden traditionell verfeindet sind.
Hier könnte sich für weitere Betrachtungen eine Türe öffnen, wenn wir in unsere Diskussion die Historie mit einbeziehen. Der Krieg gegen das totalitäre afghanische Regime und die Vertreibung der Taliban brachte auch wieder die frühere Außenpolitik der USA in Erinnerung. Die Grundlagen für die Herrschaft des Regimes waren durch die US-Regierung geschaffen worden. Bereits als islamischer Führer stand Osama Bin Laden direkt in deren Diensten und war mit dem Aufbau von Strategien und deren Infrastruktur betraut worden, wofür er neben finanziellen Leistungen in einem hohen Umfang qualitative militärische Rüstungsgüter erhalten hat.
 
 
Moderator: Ja, solange er gegen die Sowjets kämpfte.
 
 
Windisch: Aber genau diese geschaffenen Strukturen, von Bergfestungen bis zu den überlassenen Waffen, bildeten eine der Voraussetzungen für die Machtergreifung der Taliban in Afghanistan. Vor einem Jahr wurde das destruktive Potential dann gegen die Bevölkerung der USA gewandt. Möglicherweise werden wir bei einem weiteren Krieg bereits in naher Zukunft mit Terrorhandlungen und Selbstmordanschlägen durch islamistische Fundamentalisten konfrontiert sein.
 
 
Moderatorin: Wir lassen wieder einen Anrufer zu Wort kommen.
 
 
Anrufer Hr. Franz: Ich meine, daß an der derzeitigen Lage die Menschheit Schuld ist. Seit Jahrhunderten hat in der Kolonialzeit der „weiße Mann“ alles ausgebeutet und die Bevölkerung vor Ort tyrannisiert. Jetzt beginnt sich überall Widerstand zu regen. Ich glaube darin liegt der Grund.
 
 
Moderatorin: Vielen Dank Hr. Franz, in der anderen Leitung wartet bereits Hr. Kurt. Wie wir bereits gehört haben, vertritt Hr. Franz die Ansicht, daß die Konflikte schon seit Jahrhunderten bestehen und wir an diesen selbst Schuld sind. Sehen Sie, Hr. Kurt, dies ähnlich?
 
 
Hr. Kurt: Ja, ich sehe dies durchaus ähnlich, möchte aber auch Hrn. Windisch recht geben. Wenn wir das Thema betrachten, so finden wir, daß jeder Krieg auch immer einen wirtschaftlichen Hintergrund hatte, wie z.B. die Spanier, die hauptsächlich wegen des Goldes Südamerika eroberten, usw..
Wenn wir Terror wirklich verhindern wollen – wenn dies überhaupt möglich ist – müßte man das Meinungsbild vergrößern und Bildung gewährleisten. Wie Hr. Windisch dies richtig darstellte, verhalten sich die USA zwiespältig. Dort wo ihre wirtschaftlichen Interessen vorhanden sind, unterhalten sie eine starke Präsenz - und polarisieren. Dies ist meine subjektive Meinung. Die USA polarisieren dahingehend, als sie versuchen in ihrem Sinne und gemäß ihrem Interesse zu helfen.
 
 
Moderator: Hr. Windisch, wir haben u.a. von jahrhundertealten Konflikten gehört. Können die tatsächlich so lange nachwirken und jetzt solche Auswirkungen hervorbringen?
 
 
Windisch: Vorerst möchte ich Hrn. Kurt in einem Punkt widersprechen. Die historische Seefahrt und die präkolonialen Reisen dürften vorerst nicht materiell und wirtschaftlich begründet gewesen sein. Der Aufbruch in neue Länder erfolgte zu einer Zeit, als sich Europa vom mittelalterlichen Weltbild her, als Zentrum der Welt verstand. So gesehen kann auch verständlich werden, daß die Entdecker von Südamerika, Afrika und Asien die neuen Ländereien den königlichen Besitzungen des Heimatlandes zuordneten und diese dadurch nun zur „eigentlichen“ Welt gehören sollten. Vor den materiellen Interessen findet sich also bereits eine ideelle Orientierung.
Das vorhin angesprochene Problem von Auswirkungen jahrhundertealter Konflikte finden wir tatsächlich heute auf einem anderen Gebiet wieder. Es ist dies die Art der Globalisierung, die in einem unzureichendem Maße reguliert und kontrolliert wird. Diese gereichte bisher ganzen Nationen zum Nachteil, insbesondere jenen, deren Basis die traditionelle Agrarwirtschaft bildet oder deren soziales Gefüge gefährdet wird. Ich erachte es nicht als Zufall, daß der heutigen Veränderung der ideellen Orientierung analog die Gründung und das Anwachsen von islamistisch-fundamentalistischer Gruppierungen gegenüber steht.
 
 
Moderator: Vielen Dank für Ihre Ausführung.
 
 
Moderatorin: Die Vereinigten Staaten haben verlautbart, daß der Islam ihnen den Krieg erklärt, eine Ansicht, die der Prof. aus Ramallah für einen Irrtum hält, da nur Nationen einen Krieg erklären können, aber nicht eine Religion.
 
 
(Einspielung des Interviews)
Der Islam ist eine Religion. Politisch sind die Regionen, die von Muslimen bevölkert werden, sehr differenziert und es gibt Widersprüche innerhalb dieser Welt; ebenso Widersprüche mit dem Westen und mit manchen Ländern des Westens. Hauptsächlich mit dem Hegemon der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit dieser Ansicht stimme ich überein, aber daß der Islam dem Westen den Krieg erklärt hat, damit kann ich nicht einverstanden sein.
 
 
Moderatorin: Hr. T., ich glaube, es ist eindeutig, daß von einer generellen Verurteilung des Islam Abstand zu halten ist. Es besteht auch nicht die Ansicht, daß es sich um einen Religionskrieg handelt, sondern um einen Kampf gegen den Terror.
 
 
Hr. T.: In der Tat verhält es sich so, daß aus völkerrechtlicher Sicht gar kein Krieg erklärt werden kann. Natürlich sollte alles versucht werden, um zukünftige Kriege zu verhindern, aber wir sollten die Ursachenforschungen nicht vor das akute Handeln stellen. Es ist Tatsache, daß es den Terror gibt und wir mit dieser Realität leben lernen müssen. Es könnte ein Terror mit atomaren, chemischen und biologischen ....
 
 
Moderatorin: Entschuldigen Sie meine Unterbrechung. Sie meinen, wir müssen von nun an damit leben lernen.....
 
 
Hr. T.: Wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen und müssen lernen, mit diesen Szenarien umzugehen. Je früher wir das lernen, um so eher wird der Terror seinen Schrecken verlieren. Vor einigen Jahren wurde vorsätzlich Giftgas in der U-Bahn von Tokio deponiert, wo es in Folge 5500 Verletzte gegeben hat. Hier hat man nicht nach den Ursachen geforscht, da es eine Angelegenheit einer Sekte war. Dieser Anschlag stand auch in keinem Zusammenhang mit internationalen Konflikten. Viele der Bombendrohungen, die die Vereinigten Staaten verzeichnen, haben nichts mit dem Nahen Osten zu tun. Wir müssen einfach lernen, dem Terror den Schrecken zu nehmen und verhindern, daß es so leicht ist, Massenvernichtungswaffen zu verbreiten.
 
 
Moderatorin: Wie kann dies verhindert werden?
 
 
Hr. T.: Hier wäre eine ganz strenge Kontrolle all jener Länder, welche über solche Waffen verfügen von großer Wichtigkeit. Und hier die Frage an den Irak: Warum läßt man nicht die Kontrolle zu?
Die internationale Lage hat sich verändert: Eine Bedrohung durch Langstreckenraketen bedarf heute keiner Diskussion, sondern es ist vielmehr der Frage nachzugehen, wo sich die kleinen Atomwaffen befinden und ob diese entwendet und verkauft werden und diese dann transportiert werden könnten.
 
 
Moderator: Sie erwähnten den Giftgasanschlag in Tokyo. Wie ist das überhaupt zu kontrollieren? Bedarf dies einer Absperrung der U-Bahn und der Kontrolle jedes Passagiers?
   
  Hr. T.: Das ist sicher nicht möglich, anstelle könnten die Voraussetzungen für die Herstellung von Nervengas streng kontrolliert werden. Dagegen muß eine Zivilisation was unternehmen.
 
 
Moderator: Hr. Windisch, wie können wir lernen, mit dem Terror zu leben?
 
 
Windisch: Für mich stellt sich vorerst die Frage, was der Terror eigentlich will. Der Terror definiert sich ja gerade dadurch, daß er nicht zu kontrollieren ist und sämtliche Kontrollen zu umgehen vermag. Um dies mit einfachem Beispiel zu demonstrieren: Für einen biologischen Terroranschlag genügt ein Selbstmordattentäter, der bereits ist, seinen Körper als Petrischale zu verwenden. Dieser bräuchte für eine Masseninfektion also nur zu reisen, wodurch ein weltweites Chaos und in Folge ein wirtschaftlicher Niedergang eintreten würde.
Wie dieses Beispiel zeigt, wird es niemals ausreichende Kontrollen geben können. Weder mit militärischen noch konventionellen politischen Maßnahmen wird sich mit Sicherheit eine Lösung erreichen lassen.
Wenn ich nochmals auf das eingespielte Interview mit dem Prof. für Zeitgeschichte zurückkomme: Er meinte; wir haben es verabsäumt unsere Zivilisation, unsere Kultur, unsere Zukunft zu sichern. Diese Meinung schließt an die Sichtweise der Existenzphilosophie an, weil diese postulierte, daß der Mensch ein Wesen ist, welches Intentionalitäten verfolgt. Wenn wir sehr kritisch sind, dann ist es sicher gerechtfertigt zu sagen, daß unsere Kultur seit einigen Jahren keine kollektiven Ziele verfolgt. Damit meine ich, daß wir uns in einer kulturellen Krise befinden. Wenn wir uns unter dieser Perspektive dem Terrorismus annähern ist auffällig, daß dieser keinerlei Forderung erhebt, sondern sich lediglich auf der Ebene einer Botschaft bewegt: Er demonstriert lediglich, daß er da ist und gibt zu verstehen, daß eine Grenze existiert: „wir sind dazu in der Lage und ihr könnt es weder verhindern noch kontrollieren“ Und niemand bekennt sich dazu, eine Anonymität, die das Schlimmste präsentiert und befürchten läßt.
 
 
Moderator: Welche Ziele brauchen wir? Rufen Sie uns an und diskutieren Sie mit.
 
 
Fr. Hilda: Ich habe nicht vergessen, was vor einem Jahr geschehen ist und ich meine, daß die Wurzel des Terrorismus die Armut ist. Die Menschen in der Dritten Welt haben nichts zu verlieren, oft nicht einmal ausreichend Nahrung, während die Industriestaaten immer wohlhabender werden. Die oft zitierte „Schere“ klafft weiterhin auseinander. Unter solchen Bedingungen ist eine „Umformung“ von Menschen zur Bereitschaft der Ausübung von Brutalitäten sicher möglich.
Moderator: Kurz gesagt, Sie vertreten die Ansicht, daß die reichen Ländern teilen sollten.
Fr. Hilde: Das Problem zeigt sich auch schon innerhalb der armen Länder. Sowohl Pakistan wie Indien verfügen über Atomwaffen und ich kann mich noch gut erinnern, daß diese zum Zeitpunkt der Herstellung im Land eine Hungersnot hatten.
 
 
Moderator: Danke Fr. Hilda. Hr. T., wäre das Aufgreifen dieses Problems als ein gemeinsames Ziel anzusehen.
 
 
Hr. T.: Die Dramatik liegt darin, daß diesen Staaten ein leichter Zugang zu den Hochtechnologien ermöglicht wurde, wie auch der aktuelle Konflikt Pakistan-Indien zeigt. Wie lassen sich Konflikte verhindern, wenn diese Länder in den Verdacht geraten, bei anstehenden Problematiken nicht ernsthaft dauerhafte Lösungen anzustreben?
 
 
Moderator: Aus militärischer Sicht vertreten Sie also die Meinung, daß der Westen keine Waffentechnologie exportieren dürfte.
 
 
Hr. T.: Am Anfang steht die Frage, wofür man überhaupt die komplexen Waffensysteme erzeugt. Bei einem Ankauf von Waffen wäre eine verbindliche internationale Übereinkunft erforderlich, daß ein Handel nur mit einem demokratischen Rechtsstaat zulässig ist.
 
 
Moderator: Hr. Windisch, wenn vorhin die Rede von gemeinsamen Zielen war, so ist die Frage offen, wie solche aussehen könnten?
 
 
Windisch: Darf ich nochmals kurz auf die Meinung von Hrn. T. zurückkommen? Meiner Ansicht nach führt jede Form von wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu einer Überlassung von Technologien, usw., und auch zu einer nationalen Integration des Waffenbaus. Und was die Übereinkunft über die Kriterien des internationalen Waffenhandel betrifft, so dürfen wir nicht vergessen, daß in multiethnischen oder bevölkerungsreichen Staaten Afrikas und Asiens, wie z.B. in Pakistan oder in Zukunft vielleicht auch selbst bei Indien, die Möglichkeit besteht, daß diese über eine islamisch-fundamentalistische Regierung verfügen werden, weshalb ich meine, daß sich auch auf einer Rechtsbasis das Problem nicht lösen lassen wird.
Wenn wir von gemeinsamen Zielen sprechen, dann können diese per Definition nur humane Ziele sein. Ich glaube, wir kommen der Wahrheit näher, wenn wir den Standpunkt verändern. Der Mensch lebt nicht vom Handel und dem erzielten Gewinn, sondern von seinem Angenommen- sein. Hier findet sich auch ein Zugang für die sog. Bewältigung eines Traumas, indem der andere versteht, was in mir passiert.
 
 
Moderator: D.h. der Start eines weltweites Programms zum Kampf gegen Hungersnot, Kampf gegen die Krankheiten....
Windisch: Ja, wobei sich dieses Projekt von den derzeitigen internationalen Hilfs- und Notprogrammen dahingehen zu unterscheiden hätte, indem weder direkt noch indirekt mit den erhaltenen Leistungen wirtschaftliche oder strategische Vorteile für eine Nation, wie z.B. der Zugriff auf die Rohstoffe des Landes oder dessen Einwilligung für eine Militärbasis, erzielt werden können.
Diese ideelle Grenzziehung würde einen Paradigmawechsel darstellen, welcher nur von der internationalen Gemeinschaft organisiert, verwaltet und beaufsichtigt werden kann.
 
 
Moderatorin: Es besteht nun eine Telefonverbindung zu unserem Kollegen Michael Sch. nach New York. Wie ist die Stimmung vor Ort an diesem Gedenktag?
 
 
Hr. Sch.: Die Stimmung ist eigentlich eine eigenartige: Einerseits halten sich sehr viele Touristen am „Ground Zero“ auf, wovon welche meinen, sie halten die Veranstaltung eines Gedenktags für übertrieben und möchten nichts mehr über den 11. September hören. Ganz anders die Meinung der Menschen, die hier leben: Für sie hat der Terroranschlag eine ganze andere Bedeutung als für die, die diese nur von den Fernsehbildern kennen. Ich habe einen Menschen getroffen, der die Katastrophe aus dem Flugzeug gesehen hat. Während das Flugzeug am JFK–Airport auf die Starterlaubnis wartete, sah er von seinem Sitzplatz aus, wie die erste Maschine in den Nordturm raste. Solche Leute sehen den Gedenktag ganz anders. Noch dazu hat er später erfahren, daß jenes Flugzeug, indem er gesessen hat, ebenfalls entführt werden sollte, um in das Weiße Haus geflogen zu werden. Er selbst hat heute den „Ground Zero“ kurz besucht und hat sich anschließend zurückgezogen, weil er niemanden sehen möchte.
 
 
Moderatorin: Was würdest du sagen, wie läßt sich beschreiben, was für eine Stimmung am meisten zum Vorschein kommt?
Hr. Sch.: Es ist nicht Aggression. Ich würde sagen, es ist Betroffenheit.
Moderatorin: Gibt es eine Art von Zukunftssicht, oder einen Zukunftswunsch – abgesehen davon, daß ein derartiger Anschlag nicht mehr passiert?
 
 
Hr. Sch.: Viele sagen hier, „lets move on“ und hoffen, daß dieser Tag bald vorbei ist, ein Abschluß erfolgt, wie auch viele Psychologen meinen, ein „close up“ geschieht und sie mit ihrem Leben wirklich beginnen können.
 
 
Moderatorin: Vielen Dank, auf Wiederhören. Können solche Veranstaltungen wie heute, Erinnerungsfeierlichkeiten und Gedenkminuten dabei helfen, solche Geschehnisse zu verarbeiten? Hr. Windisch, wie wir gerade gehört haben, werden heute Aufmärsche und Feierlichkeiten stattfinden. Können diese einen Abschluß bilden, um anschließend wieder in den normalen Alltag zurückzukehren?
 
 
Windisch: Es wäre wünschenswert wenn wir in einer Gesellschaft leben, die auf einer Basis des Friedens an ihre Probleme herangeht. Mein Verständnis von diesem Geschehen ist ein anderes. Dieses erwähnte „move on“ ist ja in Wahrheit keine Lebensmaxime, sonst könnte wirklich passieren, daß jene Leute mit schweren Traumata- und das dürften in N.Y. Tausende sein - sich bald in der Situation finden, die von ihnen gewünschte Lebensform nicht mehr aufrechterhalten zu können. Das Trauma würde unübergehbar sich in den posttraumatischen Symptomen, wie Lähmung, Leere oder Episoden unverstandener Gefühlsqualitäten, äußern und schließlich in eine der Formen von Depression münden.
Wenn gemeinsame Feste stattfinden, dann ist das auch eine Anerkennung, ein Entgegenkommen seitens der Allgemeinheit, wo den eigenen Gefühlsqualitäten in ritualisierter Form ein Raum gegeben werden kann.
 
 
Moderator: Was mich persönlich interessiert: Ist die Welt nach dem Terroranschlag am 11. September wieder sicherer geworden? Oder hält das Bemühen um Sicherheit und Überwachung die Angst wach, Hr. T.?
 
 
Hr. T.: Wäre die Welt wieder sicherer geworden, so würde sich unsere Diskussion erübrigen. Leider müssen wir sogar zugeben, daß sich die Anzahl sowohl der Drohungen, als auch der Bedrohungsmöglichkeiten erheblich gesteigert hat. Meiner Ansicht nach fehlt aber demgemäß eine breite Aufklärung. Niemand findet es als Grund für eine Kritik, wenn wir einen Damm zum Schutz von Hochwasser errichten, wenn wir aber jetzt der Bevölkerung aufzeigen, welche Möglichkeiten es gegen Terror gibt, kann ich mir nicht sicher sein, daß damit nicht eine Hysterie erzeugt wird. Ein Beispiel hierfür bietet die Welle der Anthrax-Briefe in den USA.
 
 
Moderator: Sie plädieren für eine Aufklärung und Vorbereitung. Wer soll das übernehmen? Das Bundesheer, der Zivilschutz, die Feuerwehren?
 
 
Hr. T.: In meinen Aussagen berufe ich mich auf die österreichische Sicherheitsdoktrin, wo viele Möglichkeiten des Umgangs aufgezeigt wurden. Darüber hinaus müssen wir endlich dazu übergehen, das Problem Terror ganzheitlich zu betrachten. Natürlich bedarf dies auch einer Ursachenforschung, wir müssen aber ins Auge fassen, dem Terror den Zugang zu Massenvernichtungswaffen zu verunmöglichen.
Ich glaube, daß die Politik aufgerufen ist, nicht nur Aufklärung zu betreiben, sondern auch die Werkzeuge zu stellen, die es gegen den Terror gibt.
 
 
Moderator: Hr. Windisch, was halten Sie von der Formel „mehr Überwachung schafft mehr Sicherheit“?
 
 
Windisch: Einerseits sprechen wir über einen Rahmen an Möglichkeiten, anderseits wird jede Maßnahme das Gefühl von Bedrohtsein oder ständiger Gefahr fördern. Der nächste Punkt ist die ethische Problematik, weil wir in der ideellen Überlegung unseren kulturellen Freiheitsgedanken in Frage stellen. Hr. T. hat sicher die Aufgabe, als Militärkommandant eine spezifische Perspektive einzunehmen und diese zu vertreten, möchte diese aber ergänzen: Der Terror definiert sich eben dadurch, nicht kontrollierbar zu sein. Auch militärische Maßnahmen und Mittel werden nicht imstande sein uns eine ausreichende Sicherheit bieten zu können. Die Situation der Welt in der Gegenwart ist im Unterschied zu jener Zeit vor den Anschlägen klarer, aber nicht besser geworden.
 
 
Moderatorin: Uns hat jetzt per Email eine Nachricht ereilt, in der ein Hörer schreibt: Der Islam ist auf einem falschen Weg, Gewalt wird verherrlicht, oft schon seit Kindesbeinen an und die USA ist gezwungen, dagegen etwas zu unternehmen, weil sonst alles aus den Bahnen geraten könnte.
 
 
Hr. T.: Bei sämtlichen Konfliktsituationen bieten sich immer Auswege an. Es wäre auch für uns Europäer sicher wünschenswert, wenn der Irak jene Produktionsstätten für Inspektionen öffnet, wo Massenvernichtungswaffen vermutet werden. Die Bereitschaft zu einer Zusammenarbeit könnte einen Beitrag zu einer militärischen Entspannung leisten.
Betreffend des Islams glaube ich persönlich nicht, daß die Religion am Terror Schuld ist. Der Anschlag vom letzten Jahr war sicher der bisher spektakulärste, wir sollten darüber aber nicht vergessen, daß der Terror in Europa bereits in den letzten 30 Jahren bestanden hat.
 
 
Moderatorin: Hr. Windisch, Sie haben sich zu Wort gemeldet.
 
 
Windisch: Mein Anliegen ist es, auf das Email kurz einzugehen. In Europa existiert der Islam seit Jahrhunderten und bildet somit einen Bestandteil der europäischen Kultur. Was ist also das Problem am Islam? Die Grundlagen der Religion unterscheiden sich dahingehend von unseren Werten, als diese der sozialen Gemeinschaft erwachsen sind. Der in unserer Gesellschaft vorhandene Pluralismus existiert in einer anderen kulturellen Form, indem sich die islamische Lehre in verschiedene Richtungen aufgliederte. Die bekanntesten der beiden größten Gruppen sind die Schiiten und die Sunniten. Der Fundamentalismus nimmt also auch innerhalb des Islam eine Sonderstellung ein.
Aber wodurch unterscheidet sich dieser elementar von unserer Kultur? Ich meine, daß aus existentieller Sicht die Grundlage durch eine Haltung gebildet wird, welche als der Versuch beschrieben werden kann, jeglichen Zweifel zu bannen.
Wenn wir uns vergegenwärtigen, daß der Fortschritt in unserer Kultur auf die Auseinandersetzung, auf These und Antithese, Spruch und Widerspruch und Kontroverse zurückzuführen ist, so kann spürbar werden, welch ein destruktives Potential in einer fundamentalistischen Orientierung schlummert.
 
 
Moderator: Wir haben in den letzten 2 Stunden sehr viel gehört, auch von unseren Anrufern, und haben viele Punkte angesprochen. Abschließend noch eine Frage an unsere beiden Studiogäste: Welches persönliche Resümee ziehen Sie ein Jahr nach den Anschlägen?
 
 
Hr. T. : Für mich beutet dies, daß wir die Aufgabenstellung der Ursachenforschung weiterführen werden und jene Szenarien entwickeln, die wir zu einer Beurteilung dem Innenministerium und Verteidigungsministerium vorlegen können, um zu einer Aufklärung über die erforderlichen Maßnahmen beitragen zu können
 
 
Hr. Windisch: Was meine Person betrifft, so möchte ich nicht von einer soziologischen und politischen Seite ausgehen, sondern mir erlauben persönlich sprechen: Durch die Anschläge ist mir in erster Linie die Unvorhersehbarkeit des Lebens deutlich geworden und hoffe, daß mir ausreichend bewußt ist, was in meinem Leben wirklich Bedeutung einnimmt.
 
 
Moderatorin: Wir danken unseren Studiogästen für Ihr Kommen und Ihre Teilnahme.
 
 
 
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Sendedatum: 11.09.2002